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Interview mit Rudolf Hänni

| Aktualisiert am 20.01.2025 | von Timon Stalder

Rudolf Hänni, Mitgründer von Xplanis, hat die Transportbranche über 40 Jahre hinweg mit Innovation und Weitblick geprägt. STR spricht mit ihm über wegweisende Entscheidungen, die Digitalisierung der Logistikbranche und künftige Herausforderungen.

Rudolf Hänni, du hast den Grundstein für x4fleet gelegt. Wie kam es dazu?

Wir waren schon über 20 Jahre in der Transportbranche unterwegs und haben mittels Microsoft Dynamics AX ein Transportmodul entwickelt. Innerhalb eines Projektes in Deutschland mussten wir dann feststellen, dass dieses Modul nicht den gleichen Effekt für die Schweiz erzielte. Aus diesem Grund heraus entwickelten wir ein eigenes, unabhängiges Transportmodul, was einen entscheidenden strategischen Schritt darstellte. Das war vor rund neun Jahren. In der damaligen Zeit zählten webbasierte Lösungen innerhalb der Branche noch zur Ausnahme und entsprechend erlebten wir starken Widerstand, den es zu durchbrechen galt. Im Laufe der letzten Jahre hat dieser Gegenwind aber deutlich abgenommen. Wir hatten das Glück, dass wir bereits zuvor langjährige Kunden hatten, die uns während dieser strategischen Überleitung weiterhin treu blieben.

Du hast es bereits angesprochen: Die Digitalisierung stösst nicht überall auf positive Resonanz. Wie geht man damit um?

Das Thema Digitalisierung ist bei weitem nicht mehr so verpönt, wie dies zu Beginn der Fall war. Meiner Meinung nach lassen sich hierbei zwei Gruppen feststellen: Auf der einen Seite gibt es jene, welche Fahrzeuge einsetzen, prüfen, verrechnen, kurz: Für die Gesamtplanung zuständig sind. Diese Gruppe hat realisiert, dass sie ohne durchgängige Digitalisierung nicht zukunftsfähig sein kann. Auf der anderen Seite gibt es Auftragsfahrer, welche selbst nicht in der Planung involviert sind. Dort spürt man eine grössere Ablehnung, da sich die VertreterInnen mehrheitlich auf die Umsetzung fokussieren möchten.

In Bezug auf die Digitalisierung allgemein läuft der Austausch unter den Unternehmen nicht optimal. Eine übergreifende Plattform existiert schlicht nicht und ich glaube, es ist keine nachhaltige Lösung, wenn man weiterhin seine eigene Insel aufrechterhält. Eine gemeinsame Lösung, ein gemeinsames Denken kommt am Ende des Tages allen zugute. Die Sorge der Unternehmen, durch Annäherung Kunden zu verlieren, kann ich nachvollziehen.

Danke für diese ehrliche Einschätzung. Gehen wir zu dir als Person über: Du hast eine lange und ereignisreiche Zeit hinter dir. Was sind deine persönlichen Highlights?

Ich bin seit rund 40 Jahren im Transportwesen tätig. Zu Beginn war ich vor allem in der Beratung von Unternehmen tätig. Ein Projekt, welches mir aus dieser Zeit geblieben ist, war in Zusammenarbeit mit einem der grossen Detailhändler, bei dem wir es nach langen Planungen geschafft haben, alle regionalen Unternehmensteile auf einen gemeinsamen Nenner zu bringen und dadurch einen schönen Mehrwert zu generieren. Ausserdem bin ich stolz auf die langjährigen Unternehmenspartner von Xplanis, die wir teilweise seit über 20 Jahren über mehrere Produkte hinweg betreuen dürfen. Diese langjährigen Zusammenarbeiten waren und sind selbstverständlich mit Höhen und Tiefen verbunden, doch die Loyalität, die uns die Unternehmen auch während schwieriger Phasen entgegengebracht haben, erfüllt mich mit grosser Freude.

Die ASTAG und Xplanis arbeiten seit vielen Jahren in verschiedenen Projekten miteinander, eines dieser Projekte betrifft die Zusammenarbeit in den Dispositionslehrgängen. Was wird sich hier ändern?

Vor gut sechs Jahren trat die ASTAG an mich heran mit der Frage, ob wir sie bei der Digitalisierung der Disponentenausbildung unterstützen könnten. Nach kurzer Überlegung sagten wir zu. Innert kurzer Zeit stellten wir X4fleet auf einer separaten Education Plattform zur Verfügung. Zeitgleich mussten die Ausbildungsmodule entwickelt und ein Leitfaden bereitgestellt werden. Die ersten Jahre waren geprägt von gegenseitigem Lernen und laufenden Verbesserungen. Mittlerweile ist das Ganze etabliert, sämtliche bisher durchgeführten Prüfungen konnten ohne Probleme durchgeführt werden. Nun hat Xplanis die fachliche Führung an die Dozenten und die ASTAG zurückgegeben und wird sich in Zukunft vor allem auf die Bereitstellung der Plattform X4fleet konzentrieren.

Wo siehst du Herausforderungen für die Zukunft der Logistikbranche?

Ich sehe zwei grössere Herausforderungen, auf die wir in Zukunft zusteuern werden. Die erste Herausforderung wird sein, gute Disponent:innen auf dem Markt zu finden. Die steigenden Ansprüche des Marktes zu erfüllen, wird eine grosse Herausforderung. Mit der begonnenen Digitalisierung der Ausbildung ist die ASTAG da sicherlich auf dem richtigen Weg. Die Anforderungen an die Teilnehmer der Ausbildungskurse wird aber zunehmen, was sich auf den Kreis der Teilnehmer auswirken wird.  In der künstlichen Intelligenz sehe ich die zweite Herausforderung. Das Transportmanagement wird sich durch den Einsatz von KI massiv verändern, und man muss fit bleiben auf dem Markt. Im Thema künstliche Intelligenz stehen wir erst am Anfang, und die Bestrebungen bestehen, dieses Thema in Zusammenarbeit mit Hochschulen auszubauen. Bis künstliche Intelligenz aber so weit ist, dass sie selbstlernend ist und sich eigenständig weiterentwickelt, geht es meiner Meinung nach noch einige Jahre.

Nicht nur in der Gesellschaft verändert sich vieles, auch bei dir persönlich. Du wirst nicht mehr als CEO bei Xplanis tätig sein. Wo zieht es dich in Zukunft hin?

Mir wird häufig nachgesagt, ich hätte Mühe, meine Projekte anderen zu übergeben. Das stimmt so aber nicht ganz. Ich gebe zu, dass es für mich einfachere Dinge gibt, als von meiner Arbeit loszulassen. Arbeit stellte für mich nie eine Belastung, sondern vielmehr eine Bereicherung in meinem Leben dar. Als Unternehmer muss man nun einmal mit einer anderen Mentalität an dieses Thema herantreten und sonstige Dinge werden dem Unternehmen untergeordnet. Mein Anspruch ist es, meiner Nachfolge genügend Wissen zu übergeben, damit sie den weiteren Weg allein bestreiten könne. Im Moment bin ich aber der Meinung, dass sie dabei noch Unterstützung gebrauchen können. Ich möchte aber in Zukunft graduell mehr Zeit für mich und meine Familie einbauen, und werde dieses Jahr auch zum allerersten Mal für längere Zeit Urlaub nehmen. Wann genau ich mich gänzlich von Xplanis verabschieden werde, ob dies in einem Jahr oder in zwei Jahren sein wird, kann ich momentan noch nicht sagen, aber diese Ungewissheit freut mich.