Fiskalabgaben

Ersatzabgabe für E-PKW: Ja – aber ohne Road Pricing!

Veröffentlicht am 18.10.2023 | von André Kirchhofer

Der Bund will Personenwagen mit Elektroantrieb künftig ebenfalls besteuern. Damit soll sichergestellt werden werden, dass im Strassenfonds NAF weiterhin genügend Gelder zur dringend notwendigen Modernisierung der Strasseninfrastruktur zur Verfügung stehen. Die ASTAG befürwortet eine Ersatz-abgabe. Hauptargument ist, dass eine faire Verkehrsfinanzierung nach dem Verursacherprinzip alle Verkehrsmittel umfassen muss. Abgelehnt wird hingegen Mobility Pricing und vor allem Road Pricing.

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Das Wichtigste in Kürze

  • Der Bund will E-PKW künftig mit einer Ersatzabgabe (anstelle Mineralölsteuern) fiskalisch belasten.
  • Damit soll die Finanzierung der Strasseninfrastruktur gesichert werden. 
  • Die ASTAG steht hinter dem Anliegen.
  • Abgelehnt wird hingegen Road Pricing, d.h. eine Mehrbelastung des Strassenverkehrs.
Ausgangslage

Mit der Bestandeszunahme von Personenwagen mit Elektroantrieb sinken die Einnahmen des Bundes aus den Mineralölsteuern bzw. Mineralölsteuerzuschlägen. Für den Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds NAF, der zur Finanzierung der Strasseninfrastruktur dient, stehen daher immer weniger Mittel zur Verfügung. Auf Dauer werden die verfügbaren Gelder nicht mehr ausreichen, um das Strassennetz erhalten, sanieren und ausbauen zu können. Der Bundesrat plant daher, eine Ersatzabgabe für Fahrzeuge mit alternativem Antrieb einzuführen. Im Fokus steht eine «LSVA für PKW», d.h. eine fahrleistungsabhängige Abgabe, differenziert nach Fahrzeugart, Fahrzeuggewicht und Motorenleistung. Die Umstellung wäre – trotz klarer Beschränkung auf die zurückgelegte Distanz – eine Vorstufe zu Mobility Pricing. Für eine volle Umsetzung bräuchte es zusätzlich nur noch eine Preisstaffelung nach Tageszeit und Ort.

Unsere Beurteilung

Die Verbandsstrategie 2022–2024 beinhaltet den Grundsatz einer fairen Verkehrsfinanzierung nach dem Verursacherprinzip. Der Schwerverkehr weist heute dank der Leistungsabhängigen Schwerverkehrsabgabe LSVA den weitaus höchsten Kostendeckungsgrad aller Verkehrsmittel aus. Mit LSVA-Zahlungen von 1,7 Mia. Franken pro Jahr leistet das Strassentransportgewerbe zudem – zusätzlich zu Mineralölsteuern und Mineralölsteuerzuschlägen – einen substantiellen Beitrag zur Finanzierung der Verkehrsinfrastruktur. Eine Ersatzabgabe für E-PKW ist deshalb, zwecks «fairer» Angleichung der fiskalischen Leistungen aller motorisierten Strassenbenützer, nur konsequent – auch wenn sich die ASTAG, nach einem weiteren Grundsatz der Strategie, eigentlich gegen Zusatzbelastungen ausspricht. Die Alternative, dass der NAF ansonsten auf die Dauer über zu wenig Einnahmen zur Finanzierung der Strasseninfrastruktur verfügt bzw. das Strassentransportgewerbe mittels LSVA verstärkt beizogen würde, wäre nicht akzeptabel. Die Einführung einer fahrleistungsabhängigen Ersatzabgabe für E-PKW ist daher die bessere Lösung. 

Bei Mobility Pricing, d.h. einer Weiterentwicklung der Ersatzabgabe sowie der LSVA zu Tarifen mit zeitlicher und räumlicher Differenzierung, geht es hingegen nicht um Verkehrsfinanzierung. Im Vordergrund stehen vielmehr Verkehrslenkung und -beschränkung, wie mehrere Studien des Bundes zeigen. Das klare Ziel ist, «Verkehrsspitzen zu brechen und eine gleichmässigere Auslastung der Verkehrsinfrastrukturen zu erreichen» . Mobility Pricing nach Vorstellungen des Bundesrats verfolgt insofern einen dirigistischen Ansatz: Mittels Verteuerung der Mobilität soll ihre Inanspruchnahme reduziert werden – gemäss der Idee, dass die Kilometerleistungen zurückgehen, je teurer die Tarife sind. Zugleich steckt dahinter der Gedanke, die Emissionen des Verkehrs senken zu können. Mobility Pricing wird somit auch als Instrument der Umwelt- und Klimapolitik verstanden. Die negativen Auswirkungen von Verkehr sollen mittels höherer Bepreisung minimiert werden.

Jedoch sind die Erfolgschancen von Mobility Pricing in der wissenschaftlichen und politischen Debatte sehr umstritten. Zu beachten ist vor allem der Punkt, dass Verkehr grundsätzlich eine geringe Preiselastizität aufweisen, d.h. die Nachfrage nach Mobilität kaum abnimmt, wenn der Preis einer Transportleistung steigt. Der Grund liegt darin, dass Verkehr häufig prinzipiell oder zumindest zu einem gewissen Zeitpunkt (z.B. Berufsverkehr am Morgen/Abend) unverzichtbar ist; Wachstum und Wohlstand sind nur dank Mobilität möglich.

Unsere Position

Zu Mobility gibt es Pro- und Contra-Argumente. Aus Sicht der ASTAG gilt es vor allem folgende Punkte zu berücksichtigen:

ProContra
Angleichung der Kostenbelastung zwischen Güter- und motorisiertem Individualverkehr MIVVerkehr mit geringer Preiselastizität → Verteuerung ohne jede Wirkung auf Verkehrsaufkommen
MIV mit grösserem finanziellen Beitrag für NAF → weniger Druck auf TransportgewerbeRahmenbedingungen (z.B. Home Office, Stundenpläne) wichtiger
Möglichkeit zur Integration von «Staukosten» zulasten des MIV → Entlastung Strassengüterverkehrweniger Mobilität = weniger Wachstum / Wohlstand
Sicherung der Strassenfinanzierung → genügend Mittel für Infrastrukturfehlende Ausweichmöglichkeiten wegen steigender Überlastung der Bahninfrastruktur
Einbezug auch von Fahrzeugen mit alternativem Antrieb → Gleichbehandlung aller StrassenbenützeröV vor allem in Städten / Agglomerationen → Vorteile für urbane Regionen Nachteile für Randregionen
Abgaben pro Kilometer statt Pauschale → grösseres Kostenbewusstsein der Benützersoziale Ungleichbehandlung («Autos für Reiche»)
Reduktion von «unnützen» (Freizeit-) Fahrten → Beitrag für Umwelt / KlimaGefahr einer weiteren Bevorzugung des öV durch einseitiges Road Pricing
 Missbrauch von Mobility Pricing zur Finanzierung des Bundeshaushalts
 Mobility Pricing als «Ausrede» zur Verhinderung von weiteren Strassenbauten

 

Vor diesem Hintergrund spricht sich die ASTAG klar gegen ein einseitiges Road Pricing, d.h. gegen eine Umsetzung von Mobility Pricing ausschliesslich im Strassenverkehr aus. Mobility Pricing selbst ist unter folgenden Voraussetzungen denkbar:

  • keine steuerliche Mehrbelastung
  • Berücksichtigung von neuen Mobilitätsformen
  • keine Benachteiligung von Randregionen

Hingegen wird die Einführung einer Ersatzabgabe befürwortet.