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Radnabenantrieb: Aus der Versenkung ins Rampenlicht?
Bei Fahrzeugen wird der E-Antrieb klassischerweise im Motorenraum untergebracht. Radnabenantriebe dagegen sind direkt am Rad. Das kann Vorteile haben – weshalb die mehr als 100 Jahre alte Technologie wiederbelebt werden könnte.
Auf der Weltausstellung 1900 in Paris zeigten Ludwig Lohner und Ferdinand Porsche – ja, der Ferdinand Porsche – den Lohner-Porsche. Das Spezielle daran: Das Fahrzeug hatte einen Radnabenantrieb, also zwei Motoren an den Vorderrädern, und konnte bei 35 km/h rund 50 Kilometer weit fahren, schreibt «Porsche» selbst.
Das Konzept des Motors am Rad und nicht in der Mitte als Antriebseinheit hat Vorteile, wie aus unterschiedlichen Quellen hervorgeht. Grösster Pluspunkt ist gemäss «Wikipedia» die geringere Anzahl von Teilen zur Kraftübertragung, wodurch es weniger Übertragungsverluste gebe und das System somit effizienter sei. Es gibt aber auch Nachteile: Die ungefederte Masse ist höher, der Fahrkomfort tiefer, die Umwelteinflüsse wie etwa Spritzwasser nehmen zu und die Kühlung des Systems kann aufwändig sein.
Big Player sind dabei
Diese Gründe haben der Antriebstechnik nicht zum Durchbruch verholfen. Oder besser gesagt: Noch nicht. In letzter Zeit häufen sich die Meldungen dazu. Nidec – bekannt unter anderem für Festplatten – wollte 2023 mit ihrem Radnabenantrieb die Serienreife erreichen. Ob der japanische Hersteller das geschafft hat, ist nicht ganz klar.
Deepdrive scheint weiter zu sein. Das deutsche Start-up ist Anfang Oktober 2023 eine Partnerschaft mit Continental eingegangen, einem der grössten Zulieferer der Automobilindustrie. Deepdrive liefert die Antriebstechnik, Continental die Bremsen. Der Wirkungsgrad (und damit die Reichweite) soll im Gegensatz zu einem normalen E-Antrieb um 20 Prozent höher sein, die Kosten insgesamt um 30 Prozent tiefer, schreibt etwa «Auto Motor Sport». 2025 soll der Antrieb serienreif sein.
Mit Radnabenantrieb zum Nachrüst-Hybrid?
Alternativ könnten auch bestehende Verbrenner dank Radnabenmotoren «leicht» zu Hybridfahrzeugen umgerüstet werden. Das ist zumindest das Ziel des australischen Unternehmens «Revr». Der Radnabenbausatz, der bereits 2024 erhältlich sein soll, liesse sich mit verhältnismässig geringem Aufwand einrichten. Bis zu 100 elektrisch gefahrene Kilometer sollen so möglich werden, schreibt etwa «Golem».
Prinzipiell sind solche Antriebe bisher nur für PKW angedacht. Lieferwagen könnten vielleicht ebenfalls damit angetrieben werden, wie etwa das Unternehmen «Electric Brands» zeigt. Für schwere Nutzfahrzeuge scheint der Radnabenantrieb jedoch nicht umsetzbar – doch wer hätte Anfang 2000er gedacht, dass E-LKW auf Schweizer Autobahnen unterwegs sind?