Verkehrsinfrastruktur

Nationalstrassen sind wichtiges Puzzle-Teil im Verkehrsnetz

Veröffentlicht am 05.07.2024

Am 24. November 2024 stimmen wir über den Ausbauschritt 2023 für die Nationalstrassen STEP ab. Die sechs Teilprojekte sollen Engpässe beseitigen und den Verkehrsfluss auf den Nationalstrassen verbessern. Nur wenn der Verkehr auf den Autobahnen fliesst, können Städte und Gemeinden vom Ausweichverkehr entlastet und die Sicherheit im Strassenverkehr erhöht werden. Die Nationalstrassen sind ein wichtiges Puzzle-Teil im gesamten Verkehrsnetz. Wir brauchen beides: Schiene und Strasse! Die Vorlage liegt deshalb im Interesse aller Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer und wird von einer breiten Allianz aus Politik, Wirtschaft und Gesellschaft unterstützt.

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Bilder: Screenshots Livestream Medienkonferenz

«Wir alle wollen vorwärtskommen. Mobilität ist ein wichtiger Bestandteil unseres Lebens. Sie bringt uns von A nach B und wieder zurück, wenn wir pendeln. Sie bringt Güter dorthin, wo wir sie benötigen. Und sie ist auch ein Stück Freiheit, welche wir unterdessen schon fast für selbstverständlich nehmen», eröffnet der Präsident des Schweizerischen Gewerbeverbandes sgv und Tessiner Ständerat der Mitte, Fabio Regazzi, die Medienkonferenz. «Mobilität benötigt Infrastruktur. Schiene und Strasse. Beide müssen unterhalten werden. Beide sind wichtige Puzzlesteine im Verkehrsnetz der Schweiz», führt Fabio Regazzi weiter aus. Die Finanzierung dieses Unterhalts erfolge unabhängig vom ordentlichen Bundeshaushalt. Die Mittel für die Nationalstrassen stammten aus dem Nationalstrassen- und Agglomerationsverkehrs-Fonds (NAF), welcher durch die Strassenbenützer gespiesen werde. Dies zum Beispiel durch die Autobahnvignette, Automobilsteuer oder auch durch den Mineralölsteuerzuschlag.

STEP kommt auch dem öffentlichen Verkehr zugute

«Als Präsident der LITRA, dem Informationsdienst für den öffentlichen Verkehr, setze ich mich seit jeher für leistungsfähige Verkehrsinfrastrukturen und attraktive öffentliche Verkehrsangebote ein. Wie beim Bahnausbau unterstütze ich deshalb auch die geplanten Ausbauschritte für das Nationalstrassennetz», sagt Martin Candinas, Nationalrat «die Mitte» aus dem Kanton Graubünden. Nachdem das Parlament im Frühjahr Anpassungen an den bereits beschlossenen Bahnausbauschritten zugestimmt habe, sei es konsequent, wenn auch die Sicherstellung der Infrastruktur und die Ausbauschritte des Nationalstrassennetztes langfristig geplant und umgesetzt werden könnten. Dies komme auch dem öffentlichen Verkehr zugute. Denn bereits heute sei die Strasseninfrastruktur, welche einen grossen Teil des Personenverkehrs bewältige, häufig überlastet und müsse in Zukunft noch grössere Verkehrsleistungen bewältigen. Die meisten Staus entstünden in den Agglomerationsräumen, wo sich verschiedene Verkehrsträger überlagern. «Ein gut funktionierendes Nationalstrassennetz kann im Agglomerationsverkehr insofern Abhilfe schaffen, als es Ausweichverkehr in die Städte und Dörfer verhindert und damit auch den strassengebundenen öV entlastet», erklärt Martin Candinas.

Dringend notwendige Anpassung

Die Engpassbeseitigung auf den Nationalstrassen sei absolut notwendig, um die Infrastruktur an die wachsenden Bedürfnisse der Schweiz anzupassen, sagt Christophe Reymond der Generaldirektor des Centre Patronal. Dies gelte insbesondere für die Region Waadt-Genf, die ein weitaus stärkeres Bevölkerungswachstum als der Rest des Landes verzeichne (+25'000 Einwohner im Jahr 2023). «Sowohl für Waadt als auch für Genf ist dieses Projekt in Wirklichkeit nur ein Upgrade und keine Weiterentwicklung», so Christophe Reymond.

Die Autobahn A1 zwischen Lausanne und Genf sei in den 1950er Jahren geplant worden. In der Region Nyon habe sich die Bevölkerung mehr als verdreifacht und sei von 29'000 auf 107'000 Einwohnerinnen und Einwohner gestiegen. «In der Schweiz gibt es nur sehr wenige Gebiete, die ein solches Wachstum verzeichnen konnten», sagt Christophe Reymond.

Die Mobilitätsbedürfnisse in der Genferseeregion sei stark gestiegen. Täglich verkehrten dort 90'000 Fahrzeuge, während die A1 zwischen Lausanne und Genf nur für 20'000 Fahrzeuge ausgelegt worden sei. Wenn die STEP-Vorlage abgelehnt werde, werde die Zahl der Staus in den nächsten Jahren explodieren. Dies würde nicht nur die Verkehrsteilnehmerinnen und Verkehrsteilnehmer beeinträchtigen, sondern auch die Wirtschaft und damit zahlreiche Arbeitsplätze. Höhere Transportkosten würden auch zu höheren Produktpreisen führen. «Die Vorlage, über die wir am 24. November abstimmen, geht uns also alle an und wir müssen mit einem grossen JA stimmen!», schliesst Christoph Reymond sein Votum. 

Effiziente Nationalstrassen

«Wenn die Kantons- und Gemeindestrassen die kleinen und mittelgrossen Nebenflüsse sind, dann ist die Autobahn der Hauptfluss, der den Grossteil des Verkehrsvolumens absorbiert, kanalisiert und neu verteilt. Das macht unsere Autobahnen zu einer, wenn nicht sogar zu DER effizientesten Verkehrsinfrastruktur überhaupt», sagt der Zentralpräsident des Touring Clubs Schweiz Peter Goetschi. Wie effizient unser Nationalstrassennetz sei, zeige sich unter anderem am Verhältnis seiner Länge zum bewältigten Verkehrsvolumen. «Während die Nationalstrassen knapp 3 Prozent des gesamten Schweizer Strassennetzes ausmachen, absorbieren und kanalisieren sie 45 Prozent sämtlicher gefahrenen Fahrzeugkilometer. Und der Güterverkehr legt rund 70 Prozent seiner Fahrleistung auf den Nationalstrassen zurück», so Peter Goetschi. Die Weiterentwicklung des Nationalstrassennetzes erfolge sehr gezielt. Im Ausbauschritt 2023 seien sechs Projekte auf besonders stark belasteten Autobahnabschnitten enthalten. Unter ihnen fänden sich drei Tunnel. Das mache den Ausbau sehr flächeneffizient. Insgesamt 8 Hektare Fruchtfolgeflächen würden dafür aufgewendet. «Das entspricht rund 11 Fussballfeldern, die zugunsten der Landwirtschaft vollständig kompensiert werden müssen», führt Peter Goetschi aus.

Gefährlicher Ausweichverkehr und besonders betroffene KMU

Die Thurgauer SVP-Nationalrätin Diana Gutjahr betonte, dass sie an dieser Medienkonferenz nicht nur als KMU-Unternehmerin und Nationalrätin teilnehme, sondern auch als Mutter eines Kindes, das bald einmal in den Kindergarten gehen werde und sich mit seinen Gspänlis im Quartier zum Spielen treffen werde. «Wir wohnen zurzeit noch in einem ruhigen Quartier, aber auch bei uns zeigt sich das Phänomen «Schleichweg». Pendlerinnen und Pendler, welche auf den Achsen Stau befürchten und ausweichen». Unsere Verkehrsinfrastruktur ist über 60 Jahre alt, und daher nicht auf die Grösse und die Bedürfnisse der heutigen Bevölkerung ausgelegt. Das Resultat sei Stau und Ausweichverkehr, der immer grösser werde. Im vergangenen Jahr seien dies 48'800 Staustunden gewesen, was einer Steigerung zum Vorjahr von 22,4 Prozent entspreche. Staus führten zu hohen Kosten, da bei Zeitverzögerungen die Effizienz leide. «Stecken unsere Arbeitskräfte im Stau fest können sie ihre Arbeit nicht erledigen. Allein auf den Nationalstrassen verursachen Engpässe heute jährlich ca.1,2 Milliarden Franken auf dem gesamten Strassennetz sogar 3 Milliarden Franken. Deshalb brauchen wir dringend eine gezielte Engpassbeseitigung», ist Diana Gutjahr überzeugt. Das Beispiel Gubrist zeige, dass im Halbjahr nach der Eröffnung der dritten Tunnelröhre der Verkehr auf den Teilen des nachgelagerten Strassennetzes, welche typischerweise als Ausweichrouten für den Gubrist gelte um bis zu 20 Prozent abgenommen habe. «Für uns Gewerbetreibende sind Staus auf den Nationalstrassen ganz besonders schädlich, denn wir können zum Beispiel nicht einfach auf den Gütertransport auf der Schiene umsteigen und die Kosten, die entstehen weniger gut abwälzen als die grossen Firmen». 

Stau als zweifaches Sicherheitsrisiko

«Für die Rettungskräfte ist Zeit entscheidend», sagt Berufsfeuerwehrkommandant Martin Karrer. Wenn die Rettungskräfte bei der Anfahrt im Stau stünden, gingen viele Minuten verloren, welche über Leben oder Tod entscheiden könnten. Auf überfüllten Strassen sei es für Verkehrsteilnehmerinnen und -teilnehmer schwierig eine genügend breite Rettungsgasse zu bilden. «Engpässe bei denen sich bereits ohne Unfall häufig Stau bildet, sind ein zweifaches Sicherheitsrisiko. Erstens behindern sie, wie eben geschildert die Durchfahrt der Rettungskräfte und zweitens ereignen sich auch gerade auf Staustrecken überdurchschnittlich viele Unfälle», sagt Martin Karrer. Eine Engpassbeseitigung, wie die dritte Tunnelröhre am Gubrist hätten gezeigt, dass das Unfallrisiko um 75% reduziert werden könne. Grundsätzlich sei das Unfallrisiko auf Nationalstrassen verglichen mit dem übrigen Verkehrsnetz relativ tief. «Obwohl die Nationalstrassen 41% des gesamten Strassenverkehrs und 74% des Strassengüterverkehrs auf sich konzentrieren, finden nur 14% der Unfälle auf ihnen statt», erklärt Martin Karrer. Das heisse, das aus Sicherheitsgründen ein grosses Interesse daran bestünde, dass der Verkehr auf den Nationalstrassen bleibe und nicht in die Ortschaften ausweiche.